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VSS 6 2015

Wem gehört die Stadt – Bewertung der Verkehrsträger im urbanen Raum Die Gestaltung des städtischen Raumes erfolgte weitgehend formalen, dem Autoverkehr angepassten Prinzipien. Technische, soziale, ökologische und wirtschaftliche quantitative und qualitative Indikatoren, in dem Beitrag zusammengestellt, zeigen, dass die Prioritäten in der Gestaltung städtischer Strassen neu geordnet werden müssen. Die wissenschaftlichen Grundlagen decken sich mit den guten Praxisbeispielen zukunftsorientierter Stadtraum- gestaltung. Das Thema «Wem gehört die Stadt» steht übrigens auch im Oktober an der D-A-CH-Tagung in Salzburg auf dem Programm. «Stadt und Urbanität konstituieren sich durch und im öffentlichen Raum. Nur in der funktionell durchmischten europäi- schen Stadt, in der bei Arbeit und Woh- nen, Konsum und Vergnügen die Bürger der Stadt einander in ihrer ökonomischen, sozialen und kulturellen Vielfalt begeg- nen und dadurch die Andersheit der anderen Stadtbewohner wahrnehmen, kann städtische Bürgergesellschaft entstehen und existieren. Nur dann kann ihn das Publikum ungezwun- gen betreten, ohne Verhaltens- und Konsumzwängen ausge- setzt zu sein.»[1] Um diese Mischung der Möglichkeiten der Stadt zuzulassen, muss der öffentliche Raum so gestaltet sein, dass er einer vor- bestimmten Nutzung entzogen ist. Diese Ansprüche kann der zum Verkehrsraum gestaltete öffentliche Raum nur noch in Sonderfällen erfüllen. Der Grossteil der Flächen ist heute dem Autoverkehr vorbehalten. Den städtischen öffentlichen Raum als knappes Gut galt es seit je her optimal zu nutzen und zu verwalten. Da bei der Gestaltung öffentlicher Räume primär öffentliche Mittel zum Einsatz kommen, sind bei deren Ver- wendung die Prinzipien der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmässigkeit[2] anzuwenden. Wettbewerb um das knappe Gut öffentlicher Strassenraum Auf dieser Grundlage wurde in der Verkehrskonzeption für Wien, die im Zeitraum 1975–1979 erarbeitet wurde, das Prin- zip vorgeschlagen, jenen Verkehrsträgern, die pro Spur das grössere Potenzial an Personenbeförderungsleistung haben, den Vorrang durch geeignete Massnahmen einzuräumen und zu sichern. Ein Teil dieser Massnahmen wurde von der Stadt- verwaltung in den Jahrzehnten seit dem Beschluss dieser Verkehrskonzeption 1980[3] erfolgreich umgesetzt. Die verwendeten Regelquerschnitte, die den Strassenpro- jekten in der Stadt im 20. Jahrhundert zugrunde gelegt wer- DE den, enthalten nur formale Vorgaben zu Abmessungen, ohne auf die spezifischen Eigenschaften der Verkehrsträger näher einzugehen. Die bestehenden Konflikte zwischen den Verkehrsträgern wurden häufig durch politische Entscheidungen zu lösen versucht und oft auch gelöst. Dort wo Fussgänger, Velo-, öffentlicher und Autoverkehr im Wett- bewerbumdenknappenMobilitätsraumstehen,isteineobjek- tive, wenn möglich teilweise auch quantitative Grundlage für Sachentscheidungen zu schaffen. Mit der vorliegenden Arbeit soll ein Beitrag zur Beurteilung der Priorität im Wettbewerb um das knappe Gut öffentlicher Strassenraum in der Stadt für Mobilitätszwecke[4] zur Diskussion gestellt werden. Grundüberlegungen Um die einzelnen Verkehrsträger zu vergleichen, ist eine durchgehende Bezugseinheit erforderlich. Für die Mobilität von Personen ist es der Mensch und daher eine personenbe- zogene Einheit. Besetzungsgrade oder Belegungen von Ver- kehrsmitteln müssen daher bei der Bewertung berücksichtigt werden. Als Kriterium der Effizienz bei der Nutzung des öffentlichen Raumes wird die maximale Zahl der Personen verwendet, die bei einer bestimmten Geschwindigkeit den öffentlichen Raum (Quadratmeter) pro Zeiteinheit (z.B. pro Sekunde) in Anspruch nehmen können. Oder: Wie viel Fläche beanspru- chen die einzelnen Verkehrsträger bei maximaler Besetzung pro Zeiteinheit. Für die Mobilität infolge falscher Bezugsda- ten errichtete und zu betreibende Flächen kosten Zeit und Geld. Es handelt sich um eine geschwindigkeitsabhängige, also dynamische, zeitbezogene Flächeneffizienz mit der Masseinheit «Personen pro Quadratmeter-Sekunde». Wenn es um die Priorität geht, ist jenem Verkehrsträger der Vorrang einzuräumen, der den öffentlichen Raum spezifisch (auf die Person bezogen) am effizientesten nutzen kann. VON HERMANN KNOFLACHER Em. o. Univ. Prof. DI Dr. Institut für Verkehrswissen- schaften, TU Wien FACHARTIKEL | ARTICLES TECHNIQUES22 STRASSEUNDVERKEHRNR.6,JUNI2015 ROUTEETTRAFICNo 6,JUIN2015

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