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VSS 9

Mobility Pricing und Datenschutz: Das Ende anonymen Fahrens? Das Konzept von Mobility Pricing ist, dass aus den Bewegungen eines Nutzers mit verschiede- nen Verkehrsträgern nach einem einheitlichen Konzept ein Preis für die Mobilität gebildet wird. Mobility Pricing erfordert, dass Daten darüber erhoben werden, wer wann wo gewesen ist. Die Erstellung von Bewegungsprofilen ist somit inhärent notwendig, stellt aber hohe Anfor- derungen an den Datenschutz. Daten zu den täglichen Bewegungen eines Individuums gehören mit zu den intimsten und schützenswertesten Daten. Das Verständnis der Datenschutzaspekte grosser verkehrstelematischer Systeme steht erst am Anfang. Es ist jedoch offensichtlich, dass der Datenschutz als integrales Prinzip jedes derartigen Systems in die Planungen ein- fliessen muss. Systeme können nicht nachträglich datenschutzkonform gemacht werden*) . «Datenschutz» war ursprünglich ein Fach- begriff in der Informationsverarbeitung, der den Schutz der Daten selbst vor Zer- störung oder Verlust bedeutete. Erst in den 1980er-Jahren entwickelte sich die heutige Bedeutung des Schutzes der Daten einer Person im Sinne des Schutzes der Persön- lichkeitsrechte. (Für die ursprüngliche Bedeutung wird heute meist «Datensicherheit» verwendet.) Datenschutz wird in der Öffentlichkeit oft reduziert auf den Schutz vor Missbrauch («Ich habe nichts zu verbergen»; «Was will man schon mit meinen Daten anfangen» usw.). Das Konzept geht aber wesentlich weiter und beinhaltet ins- besondere auch den Schutz der Privatsphäre. Der Schutz der Privatsphäre ist ein Grundbedürfnis des Menschen und wird durch viele Massnahmen aufrechterhalten. Datenschutz soll in der digitalen Welt erreichen, was blickdichte Garten- zäune, Schlafzimmervorhänge, geschlossene Toilettentüren und Briefumschläge in der physischen Welt leisten. Privatheit in der Datenwelt des Internets als schützenswertes Gut Ursprünglich konzentrierte sich der Datenschutz auf die po- litische, finanzielle, religiöse und medizinische Privatsphäre, die aufrechtzuerhalten ist. Es besteht gesellschaftlicher Konsens, dass beispielsweise das Wahlgeheimnis, Steuer- daten, Einkommen und Vermögen, Religionsausübung sowie der Gesundheitszustand hohen Schutz geniessen müssen. Erst in jüngerer Zeit beginnt das Verständnis zu wachsen, dass auch die Privatheit in der Datenwelt des Internets ein schützenswertes Gut sein sollte, obwohl in der Praxis die Meisten diesem Aspekt wenig Aufmerksamkeit widmen. Es wird angesichts der vielen Vorteile geradezu verdrängt, dass das Sammeln und kommerzielle Verwer- ten von Daten das Geschäftsmodell prak- tisch aller kostenlosen Internetanwendun- gen sind. Auch im Gebiet der intelligenten Verkehrs- systeme ist der Datenschutz noch nicht selbstverständlich etabliert. Wenn man als Berater und Planer intelligenter Verkehrssysteme auf Daten- schutzaspekte hinweist, gerät man regelmässig in den Ver- dacht, ein fundamentalistischer Eiferer und «Datenaktivist» zu sein. Zudem werden Massnahmen des Datenschutzes in Projekten grundsätzlich als störend, unnötig formalistisch und dem eigentlichen Projektinhalt wenig dienlich betrach- tet. So hoch das Recht auf Intimsphäre im physischen Alltag gehalten wird, so wenig Aufmerksamkeit wird ihm in der Pra- xis der virtuellen Datenwelt geschenkt. Intelligente Verkehrssysteme, Mobility Pricing und Datenschutz Der Begriff «Intelligente Verkehrssysteme» steht für die Vision, unsere Verkehrsprobleme durch die Anwendung moderner Datenverarbeitungs- und Kommunikations- Technologien nachhaltig zu lösen. In der Tat sind vor allem dank den praktisch überall verfügbaren, kostengünstigen und leistungsfähigen Technologien des Mobilfunks und der Positionsbestimmung mittels GPS viele neue Anwendun- gen im Verkehr entstanden. Die Vernetzung der Fahrzeuge untereinander und mit der Infrastruktur zu «kooperativen Systemen» soll diesbezüglich in den nächsten Jahren neue Dimensionen eröffnen. Als weitverbreitete Anwendung auf Basis der modernen telematischen Technologien hat sich Road Pricing für den Schwerverkehr europaweit schon etabliert. Bezüglich Pricing für den Privatverkehr scheint die Diskussion in verschiede- nen Ländern zu beginnen, und in der Schweiz wird sogar als langfristige Vision über ein umfassendes Mobility Pricing nachgedacht, also ein Preisregime das idealerweise alle Ver- kehrsträger einschliesst. Die technische Machbarkeit steht Von Bernhard Oehry Geschäftsführer, Rapp Trans AG, Basel DE *) Der Artikel basiert auf einem Bericht der für die Schweizerische Verkehrs- telematik-Plattform its-ch zum Schwerpunktthema «Mobility Pricing: Verkehrsbeeinflussung oder Finanzierung» erstellt wurde, herunterladbar unter: http://www.its-ch.ch/schwerpunktthemen/berichte/ fachartikel articles techniques18 strasseundverkehrNR.9,september2014 routeettraficNo 9,september2014

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